Die Maske der Göttin

2004. Acryl auf Leinwand. 300x200cm.


Das riesige Gemälde hat eine interessante Entstehungsgeschichte. Die erste Formulierung ist eine Überzeichnung in der Art der Digitalgrafiken, in diesem Fall ausgehend von einem Reklamebild für Ägyptenreisen. Über diese Nillandschaft zeichnete Rosenheim in schwarzer Tuschfeder das Gesicht einer Göttin, das schon sehr nahe an dem des späteren Gemäldes ist. Es weist die Charakteristika ägyptischer Götterdarstellungen auf, wie das lange, gescheitelte und hinter die großen Ohren gelegte Haar und die stark geschminkten Augen und Augenbrauen. Unter dem Gesicht bleiben der Fluss und ein Palmenwald gut sichtbar. (aus Katalog Maske des Mythos)

2004: Digitalgrafik Goddess of the Nile

Ein ähnliches Gesicht zeichnete Rosenheim im selben Jahr 2004 wieder mit schwarzer Feder in ein Skizzenbuch. Die Proportionen sind nun schmaler, Ausarbeitung und Linienführung eleganter, es ist das vornehme, entrückte Gesicht einer Göttin oder Pharaonin. Hier hat der Künstler vielleicht weniger die Berliner Nofretete-Büste vor Augen als das Kleopatra-Bild, das Liz Taylor in ihrer unvergesslichen Hauptrolle in dem gleichnamigen Film von 1963 prägte. Einen Scan dieser Zeichnung druckte Rosenheim auf ein Blatt aus, das bereits mit einer vertikalen, einem Spektrum ähnlichen Farbstruktur bedruckt war, die Rosenheim zuvor in Aquarell angelegt hatte.

„Isis“, Digitalgrafik. 2005

Die Überlagerung von Tuschzeichnung und Aquarell geht nun noch einen Schritt in Richtung der großen Fassung. Das große Gemälde vollzieht in sich eine ähnliche Folge. Seitlich im Hintergrund sind noch Palmen erkennbar, die aus der ersten Formulierung übernommen wurden. Das Gesicht ist ebenfalls eher rund wie in dieser frühesten Fassung, doch klingen nunmehr neben der ägyptischen Kunst auch die Ikonographien Hinterindiens und Altamerikas an. Die ursprünglich schwarze Haartracht ist nunmehr zu einer farbigen Pracht geworden, die in Fülle den Kopf hinterfängt und die übrige Bildfläche bedeckt. Von Anfang an war dieses
Gesicht immer ein künstliches Gesicht. Rosenheim stellt also nicht wie in einem Portrait ein Gesicht dar, sondern die Darstellung eines Gesichts. Wir sehen „Die Maske der Göttin“, nicht die Göttin selbst.

Was Fortuna erst auf den zweiten Blick enthüllt, ist hier ganz offensichtlich: die Künstlichkeit eines Götterbildes, das vom Menschen Gemacht-Sein. Das wird auch in dem wichtigsten Unterschied zwischen Entwürfen und Ausführung deutlich: In allen früheren Fassungen und Studien – es gibt weitere in den Skizzenbüchern – sind die Augen wie alle anderen Teile des Gesichtes schwarz gegeben, in der Maske der Göttin dagegen sind sie fast weiß. Sie scheinen also blind zu sein, dann aber erkennt man doch die Schemen einer Iris, in zartestem Grün, mit weißer Pupille. Im Unterschied zu den genannten Statuen, auch zum Schatten des Samurai haben wir nun ein Götterbild, das uns anschaut. Nehmen jene Statuen die durch die übertriebene Körperlichkeit erzeugte Illusion wieder zurück, indem ihre Augen blind oder gar nicht erst vorhanden sind, so ist es bei der Maske der Göttin gerade umgekehrt. Sie ist deutlich als Bild eines Bildes gemalt, in den Augen aber konzentriert sich ihre Lebendigkeit, sie schaut uns an. Diesen Blick unterstreicht das Licht, das ihre Augen aussenden.