Edelstahl. 2008. Aufgestellt am Eingang zum Dreieichpark Offenbach am Main.
Siehe auch Minotaurus 2.
In der griechischen Mythologie ist der Minotaurus ein schreckliches Mischwesen mit menschlichem Leib und Stierkopf. Es lebt in dem von Daidalos erbauten Labyrinth auf Kreta und wird mit Menschenopfern besänftigt, die Athen nach Kreta schicken muss. Theseus gelingt es, das Ungeheuer zu töten und seine Gefährten mithilfe des berühmten Fadens der Ariadne aus dem Labyrinth zu führen. Als Trophäe nimmt er das abgeschlagene Stierhaupt mit.
Nach ersten Zeichnungen im Jahr 2000 entstanden kurz darauf Kopf und Rumpf zunächst in Deutschland, anschließend widmete sich Rosenheim der Harpyie, ebenfalls einem Mischwesen. Vollendet wurde die große Edelstahlplastik des „Minotaurus“ im Februar 2008 im Atelier in Irland. Sie gibt ein kaum als schrecklich zu bezeichnendes Bild des mythischen Wesens, in schlanken Proportionen und eleganter, ausschreitender Haltung. Auch der Bronzeabguss des Kopfes wirkt nicht furchteinflößend. Es scheint sich um einen jungen Stier zu handeln, der Kopf ist recht schmal, einzig die respektablen Hörner schrecken ab. Am Hals und Hinterkopf aber markieren übereinander geschobene Streifen den gepanzerten Übergang zum Rumpf, der wie eine einzige, menschengestaltige Rüstung wirkt. Rosenheim interpretiert den „Minotaurus“ weniger als menschenfressendes Ungeheuer denn als stillen Beobachter der Menschen. Das Unheimliche im Angesicht solcher Mischwesen macht zu einem nicht geringen Teil die Erkenntnis aus, dass sie, in der gedankenlosen Welt des Tieres lebend, dem Menschen in den Grund und die Abgründe seiner Existenz zu schauen vermögen.
Schon die zahlreichen Minotaurus-Darstellungen im Werk Picassos belegen eine positive Alter-Ego-Deutung des Ungeheuers. Bei Jorge Luis Borges („Das Haus des Asterion“, 1964) und Friedrich Dürrenmatt in der gleichnamigen Ballade (1985) ist der Minotaurus gar ein Opfer, gefangen in seiner Existenz wie im Labyrinth. Zwei Merkmale des Kopfes sind für die Deutung wichtig: Zunächst bleiben die Augen frei, es handelt sich also um eine Maske, wie sie ein antiker Priester tragen könnte. Damit stellt Rosenheim (wie bei der Maske der Göttin) nicht etwa einen Stierkopf dar, sondern die Darstellung eines Stierkopfes.
Es ist vielleicht nicht der abgeschlagene Kopf, sondern eine Maske – bei Dürrenmatt hat sich Theseus hinter einer Stiermaske dem Untier genähert, auf diese Weise sein Vertrauen erschleichend.
So erklärt sich möglicherweise zweitens die Tatsache, dass diesem Kopf die Ohren fehlen. Dies fällt zwar kaum einem Betrachter auf, es ist aber für die Erscheinung ungeheuer wichtig. Der Kopf erscheint dadurch einerseits wie bereits angesprochen – eher jung, einem „Babyschema“ entsprechend, andererseits auch fremdartig und artifiziell, es wird der Kunstcharakter unterstrichen.
(aus Katalog Maske des Mythos)
Artikel der Offenbach Post über die Aufstellung am 11. März 2010.
Vandalismus
2011 wurden dem Minotaurus in einem Akt von Vandalismus beide Unterarme/Hände abgeschlagen und gestohlen. Zeitungsartikel der Offenbach Post: Link.
Von allen Seiten
Hände (geschweißt)
Vergleiche auch die Hände der Amazone